Die Technik des Carsystems

Mehr als 8.000 Arbeitsstunden waren nötig, um die Autos der Wunderländer ins Rollen zu bringen. Aber der Aufwand hat sich gelohnt und seither herrscht ordentlich motorisierter Betrieb auf den Straßen.

Als im Jahre 2000 die Idee des Miniatur Wunderlandes geboren wurde, entstand sehr schnell der Wunsch, das zu dem Zeitpunkt schon bekannte Faller Car-System umfassend weiter zu entwickeln und dafür eine Computersteuerung zu entwickeln. Dieses funktioniert so einfach wie genial: Ein im Auto verbauter Magnet leitet das Fahrzeug entlang in der Straße eingelassener Drähte. Die zentrale Computersteuerung der Fahrzeuge, welche anfangs noch als eine Ergänzung gedacht war, entpuppte sich bis zur Eröffnung als ein 2.500-Stunden-Projekt.

Von August 2001 bis 2007 verschlang die Weiterentwicklung der Software weitere 3.500 Stunden, der Fahrzeugbau (anfangs sehr unterschätzt) noch einmal 2.000 Stunden. Die Steuerungssoftware wurde so konzipiert, dass es sich nicht um eine feste Schrittkettenprogrammierung handelt, sondern dass das PC-Programm für jedes Fahrzeug ein eigenes „Gehirn“ bereitstellt. Momentan ist dieses System übrigens auf 65.000 Fahrzeuge begrenzt, von der Rechenleistung her sind für die Anlage des Wunderlandes jedoch lediglich ca. 1.000 Fahrzeuge realistisch. In den Grunddaten ist die Strecke mit ca. 12.000 Parametern für Knuffingen und ca. 14.000 für den USA-Teil eingegeben. Beispiele hierfür sind: Strecken (mit millimetergenauen Maßen), Steigungen, Kurvenradien, Vorfahrtsregeln, Ampeln (komplexe, grenzenlose Ampelsteuerungen mit Abbiegern, Grüne Welle, Tag-/Nachtschaltung usw.), Bahnübergängen, Abzweigungen, Rückmelder, Radarfallen, Rotlichtblitzer, Geschwindigkeitsmessung, Fahrzeugtypen-Erlaubnisse u.v.m. Die vielfältigen Abläufe am Flughafen erforderten es gar, 50.000 derartige Parameter (von Hand!) festzulegen.

Zahlen und Daten kompakt

  • Gefahrene (echte!) Strecke: 2.135.756 km
  • Feuerwehreinsätze: 940.000
  • Gesamtstrecke des Carsystem: 1,6 km
  • Geblitzte Autos in der Knuffinger Radarfalle: ca. 1.030.000

Das Programm hat derzeit für jedes Fahrzeug einen Prozess, der 20-mal in der Sekunde alle Aktionsalternativen für das jeweilige Fahrzeug durchrechnet. Hierbei kann ein Fahrzeug entweder willkürlich durch die Gegend fahren, ein festes Ziel vor Augen haben, eine feste Tour (z.B. Busse, Müllabfuhr) oder einen Einsatz fahren (z.B. Feuerwehr, Schwertransporter). Für das Fahrzeug muss jederzeit berechnet werden, wo es sich befindet und wann es zur nächsten Entscheidung für das Fahrzeug kommt. So eine Entscheidung kann beispielsweise die Annäherung an ein anderes Fahrzeug oder eine Kreuzung (mit oder ohne Vorfahrtsregelung), das Auffahren auf die Autobahn (relativ kompliziert, weil eventuell einem anderen Fahrzeug ein Spurwechsel mitgeteilt werden muss, falls jenes es noch nicht selbst bemerkt hat), die Feststellung, dass der Akku sich leert usw.

Mittels der Steuerungssoftware entscheidet ein Fahrzeug an jeder Abzweigung selbst, welchen Weg es nimmt, und berücksichtigt dabei mehrere Kriterien. Das Fahrzeug prüft an einer Abzweigung zuerst, ob die Strecke für diesen Fahrzeugtyp erlaubt ist, ob sie zu dem Ziel führt, welches für das Fahrzeug vorgesehen ist (an jeder Kreuzung stehen also sozusagen virtuelle Wegweiser), ob sie frei ist (bzw. so frei, dass das Fahrzeug nicht anhalten muss, wenn es diese Strecke wählt), ob der Weg gerade durch einen Feuerwehr-Einsatz gesperrt ist (sollte dieses der Fall sein, prüft das Fahrzeug andere Wege und ob diese im Falle einer Umleitung für seinen Fahrzeugtyp erlaubt sind).

Sollten mehrere Wege diese Kriterien erfüllen, so entscheidet das Fahrzeug zufällig, welchen es nimmt, wobei für jeden Weg unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten definiert werden (damit z.B. das Abbiegen eines LKW in ein Wohngebiet nur ganz selten auftritt). Hat das Fahrzeug einen Weg gewählt, wird geprüft, ob geblinkt werden soll oder ob angehalten werden muss (geschieht das Anhalten auf der Autobahn, wird z.B. der Warnblinker eingeschaltet). Ist der Weg frei, wird er mit einer für ihn definierten Fahrgeschwindigkeit befahren.

Die Fahrzeuge überprüfen grundsätzlich die Vorfahrtsregelung, halten sich auf der Autobahn an das Rechtsfahrgebot, stoppen vor geschlossenen Bahnübergängen, beachten Ampeln, gewähren einem Feuerwehrfahrzeug auf Einsatzfahrt Vorfahrt, lassen bei einem Stau auch schon mal ein Fahrzeug aus einer Seitenstraße vor, halten an Fußgängerüberwegen, warten geduldig hinter einem immer wieder an- und abfahrenden Müllwagen, rasen auch schon mal in eine Radarfalle und müssen kurz darauf unfreiwillig der Haltekelle eines Polizisten folgen.

Busse fahren Bushaltestellen an, die Fahrzeuge schalten nachts ihr Licht ein und morgens wieder aus (außer in Skandinavien). In Deutschland haben wir mittlerweile 10% für den Tag mit Licht programmiert - dieses wird auch nach Zufall gesteuert. (Anmerkung: auf unserer Anlage wird im 15-Minuten-Intervall ein computergesteuerter Tag-Nacht-Zyklus durchlaufen, mit Hilfe von an der Decke und hinter der Anlage montierten dimmbaren Leuchten).

Neben dem alltäglichen Individualverkehr wird beim Carsystem ein großer Schwerpunkt auf fest programmierte Szenarien gelegt. Dies sind zum größten Teil Feuerwehreinsätze, es kann aber auch mal ein großer Schwertransport mit Polizeibegleitung und Absperrmaßnahmen zu sehen sein.

Was passiert, wenn es brennt? Wenn in Knuffingen aus einem Wohnhaus Qualm dringt und erste Flammen zu erkennen sind, ertönt in der Feuerwache der Stadt Knuffingen schon der Alarm. Selbst bei nachtschlafender Zeit ist sofort die Innenbeleuchtung angeknipst und kurz darauf schalten bereits die ersten Fahrzeuge eines Löschzuges Licht, Blaulicht und Frontblitzer ein. Der Löschzug, bestehend aus bis zu fünf Fahrzeugen, setzt sich in Richtung der Einsatzstelle in Bewegung. Nach und nach können je nach Größe des Feuers bis zu 34 Fahrzeuge zu einem Großalarm ausrücken. Dabei werden im Extremfall auch einzelne Wehren aus Vororten hinzugezogen.

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